MaK - G 1206
Die G 1206 nimmt im 3. Typenprogramm eine besondere Rolle ein. Sie ist nicht nur die größte und leistungsstärkste Mittelführerhaus-Lok als Schlusspunkt dieser Typenreihe, sondern hat mit ihrer Verbreitung in vielen Ländern Europas inzwischen eine gebaute Stückzahl erreicht wie noch keine unabhängig von Staatsbahnaufträgen entwickelte Standardlok aus Kiel vor ihr. Was 1997 als neue Lokgeneration für die Ruhrkohle AG begann, ist heute eine Lokomotive, die in acht europäischen Ländern bei zahlreichen Bahnen, darunter zwei Staatsbahnen, im Einsatz steht.

G 1206 mit MTU-Motor - die frühen Varianten
Mitte der 1990er Jahre entstand bei den Bahn- und Hafenbetrieben der Ruhrkohle AG Bedarf nach neuen Diesellokomotiven. Diese Maschinen sollten nicht nur im schweren internen Rangier- und Zustelldienst eingesetzt werden, sondern auch - die Möglichkeiten der Liberalisierung nutzend - mit schweren Kohlezügen auf Strecken der DB AG verkehren. Dafür benötigten die Lokomotiven eine entsprechend hohe Motorleistung und eine Höchstgeschwindigkeit, die einen freizügigen Einsatz auf DB-Gleisen zulässt.

Den Auftrag zur Entwicklung und Lieferung von elf dieser Lokomotiven bekam die damalige Siemens Schienenfahrzeugtechnik GmbH. Das Ergebnis war die G 1206, deren erstes Exemplar Ende Juli 1997 an die RAG ausgeliefert wurde. Sie ist aus der G 1205 entwickelt worden und unterscheidet sich von dieser hauptsächlich durch den Dieselmotor mit 16 statt 12 Zylindern und eine entsprechend dimensionierte Kühlanlage mit zwei Lüfterrädern. Um die größere Maschinenanlage auf der Lokomotive unterbringen zu können, ist die G 1206 fast zwei Meter länger als ihre Vorgängerin ausgeführt worden.

Die nächsten beiden Kunden für die G 1206 erhielten ab Ende 1998 für sie angepasste Varianten der G 1206. Bei der Dortmunder Eisenbahn stellte man damals ähnliche Überlegungen wie bei der RAG an, um auch dort neben den werksinternen Verkehren der Dortmunder Hüttenwerke Züge auf dem Streckennetz der DB AG zu bespannen. Die Wahl fiel ebenfalls auf die G 1206, jedoch wurde anstelle des bei der RAG verwendeten Motors ein MTU-Motor der neuen Baureihe 4000 bestellt. Dieser Motor ist in der Lage, die benötigte Leistung von 1500 kW mit nur 12 statt 16 Zylindern zur Verfügung zu stellen.

Die dritte Variante der G 1206 wurde an den schwedischen Infrastrukturbetreiber Banverket geliefert. Dieser hatte 1995 bereits zwei Lokomotiven des Typs G 1205 beschafft. Diese sechs Lokomotiven erhielten zwar die gleichen Motoren wie die Loks für die RAG, wurden aber weitgehend an die Einsatzbedingungen in Schweden angepasst. Neben einem umfangreichen Ausrüstungspaket für Einsätze im skandinavischen Winter gehören dazu Drehgestelle mit Lenkerführung für eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und Getriebe mit einer im Stillstand schaltbaren Stufe.

Typenzeichnung G 1206 mit MTU-Motor, Ausführung für die RAG

G 1206 mit Caterpillar-Motor
Im Zuge der fortschreitenden Liberalisierung des Schienenverkehrs in Deutschland zeichnete sich Ende der 1990er Jahre ein zunehmender Bedarf an streckentauglichen Diesellokomotiven. Bei zahlreichen Bahnen bestanden damals Überlegungen, Verkehrsleistungen über das eigene Netz hinaus auf Gleisen der DB AG eigenständig zu erbringen, was in den folgenden Jahren auch vielfältig realisiert wurde.

Mit der G 1206 stand zwar im Prinzip schon eine für diese Einsätze geeignete Maschine zur Verfügung, jedoch gab es an der Maschine noch Verbesserungspotential, das nun genutzt wurde. Inzwischen standen in der benötigten Leistungsklasse neu entwickelten Motoren zur Verfügung, die mit 12 statt 16 Zylindern auskommen. Statt des in den Lokomotiven für die Dortmunder Eisenbahn verwendeten neuen MTU-Motors entschied man sich für die kommende Serienproduktion aber für einen technisch ähnlichen Motor von Caterpillar, den 3512B. Im Zuge der Anpassung der Lok an diesen Motor erhielt sie geringfügig breitere Motor- und höhere Getriebehauben, wodurch sich diese Loks schon äußerlich von ihren Vorgängern unterscheiden.

Ebenfalls überarbeitet wurde das Fahrwerk. Hier kam eine weiterentwickelte Bauart der Drehgestelle der Banverket-Loks zum Einsatz, die für 100 km/h Höchstgeschwindigkeit geeignet sind. Die Radsätze werden bei diesen Drehgestellen nicht mehr von einer Gleitplattenführung sondern von verschleißfreien Lenkern geführt. Damit konnte nicht nur das Laufverhalten verbessert und damit die Höchstgeschwindigkeit gesteigert, sondern auch die Führung von Drehgestell und Radsatz weitgehend verschleißfrei ausgeführt werden. Für den Antrieb wurden nicht mehr die Radsatzgetriebe aus eigener Fertigung verwendet, sondern welche von ZF mit einer für die Höchstgeschwindigkeit besser geeigneten Übersetzung.

Der erste Kunde für diese überarbeitete G 1206 war erneut die Ruhrkohle AG, die für ihren steigenden Bedarf an Streckenlokomotiven zunächst fünf Maschinen längerfristig anmietete. In den folgenden Jahren kauften auch zahlreiche andere Privatbahnen im In- und Ausland Lokomotiven dieses Typs oder mieteten sie bei den damals neu entstandenen Leasingunternehmen an.

Die G 1206 ist zwar ursprünglich für Deutschland entwickelt worden, hat aber inzwischen in weiten Teilen Europas Verbreitung gefunden. Die Grundversion der Lok ist in die folgenden Länder geliefert worden und bis auf die letzten beiden auch heute regelmäßig dort im Einsatz:
  • Deutschland
  • Österreich
  • Schweiz
  • Luxemburg
  • Italien
  • Spanien
Spezielle in größeren Stückzahlen gebaute Auslandsversionen der G 1206 wurden für Frankreich und die Niederlande entwickelt. Diese Maschinen werden weiter unten auf dieser Seite beschrieben.

Im Laufe der Jahre haben sich durch Zulassungen, Produktpflege und nicht zuletzt Kundenwünsche zahlreiche Varianten ergeben, die in Details von der Grundausführung abweichen. Die wichtigsten davon betreffen das Getriebe. Für EH und die MEG wurden Lokomotiven mit einer geänderten Abtriebsübersetzung für nur 90 km/h Höchstgeschwindigkeit geliefert, um höhere Anfahrzugkräfte zu erreichen. Noch weiter ist man bei der Lok für die WLE gegangen. Sie erhielt ein Stufengetriebe für die Höchstgeschwindigkeiten 60 und 100 km/h. Weitere Abweichungen betreffen Verschleißpufferbohlen oder hinter den Puffern montierte Stoßverzehrelemente, durch die die Lokomotive länger wird. Ein Teil der Maschinen besitzt auch Klimaanlagen für den Führerstand, die auf dessen Dach angebracht wurden.

Typenzeichnung G 1206 mit Caterpillar-Motor

G 1206 mit Caterpillar-Motor für Frankreich
Die Entwicklung der Frankreich-Version der G 1206 begann im Jahr 2000. Damals war die französische Staatsbahn SNCF für ihre Güterverkehrstochter Fret SNCF auf der Suche nach neuen Diesellokomotiven für den Einsatz im Elsass und im Grenzverkehr nach Deutschland. Fündig wurde man in Kiel und so wurde die langfristige Anmietung von sechs Lokomotiven des Typs G 1206 über Locomotion Capital vereinbart. Bei den Lokomotiven handelte es sich um normale G 1206 für Deutschland, die mit den notwendigen französischen Zugsicherungen ausgerüstet wurden. Bei der SNCF bekamen sie die Bezeichnung BB 61000 und wurden entsprechend dem damals neuen Nummernschema als 461001 ff. bezeichnet, wobei die führende 4 die Zugehörigkeit zum Bereich Fret anzeigt.

Im Zuge eines langwierigen Zulassungsprozesses waren an den sechs Lokomotiven verschiedene Umbauten notwendig, die überwiegend in Kiel ausgeführt wurden. Die bedeutendste Änderung fand im Bereich der Bremsanlage statt. Diese wurde in eine in Frankreich übliche Zweikreisbremse mit je einem Steuerventil für die beiden Drehgstelle umgebaut. Um das zuverlässige Funktionieren der in Frankreich verwendeten Gleisbesetzmelder mit Stromfluss von der einen zur anderen Schiene zu gewährleisten wurden außerdem sogenannte Putzklötze nachgerüstet. Bei ihnen handelt es sich um Bremsklötze, die während des Bremsvorgangs mit relativ geringem Druck auf die Laufflächen der Räder wirken. Dadurch wird zwar die Lauffläche der Räder gesäubert, die eigentliche Bremswirkung verbleibt aber bei den Scheibenbremsen. Nach der im Frühjahr 2002 erfolgten Zulassung der Loks in Deutschland und Frankreich bestellte die SNCF weitere vier Lokomotiven in dieser Ausführung.

Ende 2003 wurde eine weitere Serie mit den Nummern 461011 bis 461023 geliefert. Aufbauend auf der bereits zugelassenen Version der G 1206 für Frankreich und Deutschland erhielten diese Maschinen zusätzliche Sonderausrüstungen. Neben einer auf dem Führerhausdach angeordneten Klimaanlage fällt insbesondere der auf dem rechten vorderen Umlauf untergebrachte Hilfsdiesel für die Batterieladung bei längerer Abstellzeit ohne Fremdeinspeisung auf.

Durch die beginnende Liberalisierung beginnen inzwischen auch dort Privatbahnen, Verkehre auf Gleisen der SNCF durchzuführen. Dem dadurch entstandenen Bedarf an entsprechend zugelassenen Loktypen stand ein bedingt durch die Zurückhaltung der SNCF bei der Neubeschaffung geringes Angebot der Industrie gegenüber. Da sie letztlich die einzige am Markt verfügbare Lokomotive war, fand auch hier die G 1206 Anklang. Der erste Kunde war das zur Connex-Gruppe gehörende Unternehmen CFTA Cargo, für das zwei G 1206 am 13.06.2005 den ersten privaten Güterzug in Frankreich zogen.

Während insbesondere die Leasingunternehmen ihre Maschinen im Interesse eines möglichst flexiblen Einsatzes mit der vollständigen Ausrüstung für Deutschland und Frankreich beschaffen, können die Beschaffungen der Privatbahnen davon abweichen. Aus Kostengründen wurde bei einigen Maschinen, die ausschließlich für Einsätze in Frankreich vorgesehen sind, auf die deutsche Zugsicherung verzichtet. Die Maschinen von ETF weichen darüber hinaus noch in einem weiteren Punkt von den übrigen Loks dieser Bauart ab. Sie besitzen Stufengetriebe mit den Höchstgeschwindigkeiten 60 und 100 km/h, um so im Rangiergang die für den Baubetrieb notwendigen hohen Zugkräfte zu erreichen.

G 1206 mit Caterpillar-Motor für die Niederlande
Durch die zunehmende Privatisierung der Hinterlandverkehre der niederländischen Häfen entstand bei den Privatbahnen zunehmend Bedarf nach leistungsfähigen Lokomotiven für grenzüberschreitenden Einsätze bis nach Deutschland hinein. Da das niederländische Fahrleitungsnetz mit seiner Nennspannung von nur 1500 V Gleichspannung den Einsatz leistungsstarker E-Loks nicht zulässt, entstand hier insbesondere Bedarf nach entsprechend einsetzbaren Diesellokomotiven. Nachdem mit der JT 42 CWR von EMD und der G 2000 BB von Vossloh bereits leistungsfähige Streckenlokomotiven mit entsprechender Ausrüstung zur Verfügung standen, fehlten zunächst Lokomotiven für den Strecken- und schweren Rangierdienst.

Um diese Lücke zu schließen, entwickelte man in Kiel eine entsprechende Variante der G 1206. Diese bekam zusätzlich zu der deutschen Ausrüstung die niederländische Zugsicherung ATB. Da in den Niederlanden ähnliche Systeme zur Gleistbesetzmeldung verwendet werden wie in Frankreich, wurden auch die von dort bekannten Putzklötze eingebaut. Die übrigen Bremsanlage blieb jedoch unverändert und entspricht der normalen Ausführung der G 1206.

Die erste derartig ausgerüstete G 1206 wurde im Herbst 2003 an das Bauunternehmen Strukton geliefert. Später folgten diverse Lokomotiven für Leasingunternehmen, die heute bei den meisten in den Niederlanden aktiven Privatbahnen im Einsatz stehen.

Nach 8 Jahren wieder MTU-Motoren
Im April 2006 hat das französische Bahnunternehmen SECO-RAIL zwanzig G 1206 für Güterverkehre in Frankreich bestellt. Auf Wunsch des Kunden erhielten diese ab Ende 2006 ausgelieferten Maschinen Motoren von MTU. Entgegen den früheren G 1206 mit Motoren aus Friedrichshafen wird nun der den aktuellen Abgasnormen entsprechende 12V 4000 R41 verwendet, der ebenfalls 1500 kW leistet. Wegen der Bauhöhe dieses Motors ist die Änderung auch äußerlich sichtbar, denn gegenüber der bisherigen Ausführung wurde die Motorhaube etwas höher ausgeführt und überragt nun die Kühlanlage. Als weitere Besonderheit besitzen die Loks für SECO-RAIL ein Stufengetriebe mit Strecken- und Rangiergang.

Fast genau zwei Jahre später wurden auch wieder G 1206 mit MTU-Motoren für Deutschland gebaut. Auch dabei kam der 12V 4000 R41 zum Einsatz und die Kühlanlage wurde entsprechend angepasst. Ansonsten blieben diese Maschinen zunächst unverändert gegenüber der Variante mit Caterpillar-Motor, das heißt es kam kein Stufengetriebe zum EInsatz.

Technische Daten
Fahrzeug          
Spurweite 1435 mm 1435 mm 1435 mm 1435 mm 1435 mm
Achsfolge B´B´ B´B´ B´B´ B´B´ B´B´
Länge über Puffer 14700 mm 14700 mm 14700 mm 14700 mm 14700 mm
Drehgestellmittenabstand 7200 mm 7200 mm 7200 mm 7200 mm 7200 mm
Drehgestellachsstand 2400 mm 2400 mm 2400 mm 2400 mm 2400 mm
größte Breite 3080 mm 3080 mm 3080 mm 3080 mm 3080 mm
Höhe über Schienenoberkante 4220 mm 4220 mm 4220 mm 4220 mm 4220 mm
Raddurchmesser neu 1000 mm 1000 mm 1000 mm 1000 mm 1000 mm
kleinster befahrbarer Gleisbogen 60 m 60 m 60 m 60 m 60 m
Dienstgewicht 90 t 87,3 t 87,3 t 87,3 t 87,3 t
Kraftstoffvorrat 3150 l 3150 l 3150 l 3150 l 3150 l
           
Motor          
Hersteller MTU MTU MTU Caterpillar MTU
Typ 16V 396 TC14 16V 396 TC14 12V 4000 R20 3512B DI TA 12V 4000 R41
Leistung 1570 kW 1570 kW 1500 kW 1500 kW 1500 kW
Drehzahl 1800 1/min 1800 1/min 1800 1/min 1800 1/min 1800 1/min
           
Getriebe          
Hersteller Voith Voith Voith Voith Voith
Typ L 5r4 zU2 L 5r4 zseU2 L 5r4 zU2 L 5r4 zU2 L 5r4 zseU2
Höchstgeschwindigkeit 80 km/h 60 / 100 km/h 80 km/h 100 km/h 60 / 100 km/h
           
Baujahre 1997 - 1998 1998 - 1999 1998 - 1999 1997 - 201x 2006 - 2016
gebaute Stückzahl 11 6 4 127 + x 20 + x

Insgesamt wurden 323 Fahrzeuge der Baureihe G 1206 produziert.

Lieferlisten
G 1206 Gesamtübersicht

Frühe Varianten der G 1206 mit Motoren von MTU

G 1206 für Deutschland

G 1206 für Frankreich

G 1206 für die Niederlande

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